Online-Fortbildung

Integration durch Bildung als kommunales Handlungsfeld

„Integration durch Bildung“ kann zur Fachkräftesicherung beitragen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken. Bildungsmanagement kann dabei eine zentrale Rolle einnehmen – wie das Beispiel Erfurt zeigt, welches wir uns in unserer Fortbildung genauer angeschaut haben. Vielerorts geht es bei der Integration der Geflüchteten aus der Ukraine zunächst um die Organisation der Erstversorgung. Darüber haben sich die Teilnehmenden unserer Online-Fortbildung am 28. September 2022 ausgetauscht.

Sollten Kommunen sich im Handlungsfeld Integration engagieren?

Bildungsmanagerin Birgit Schuster gab in ihrem Impulsvortrag eine klare Antwort: Sie sollen nicht nur, sie müssen!

Eine Kommune sollte sich nicht engagieren – sie „muss“ sich engagieren! Das machte Birgit Schuster, Bildungsmanagerin der Stadt Erfurt, in ihrem Impulsvortrag deutlich. „Integration durch Bildung“ kann zur Bewältigung des Fachkräftemangels oder des demografischen Wandels beitragen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken. Sie spielt in sämtlichen Lebens- und Bildungsbereichen eine Rolle und geht jeden etwas an.

Integration – das ist eigentlich eine Inklusionsaufgabe, so Schuster. Es gehe darum, die Strukturen und Rahmenbedingungen einer Gesellschaft, einer kommunalen Bildungslandschaft so zu gestalten, dass sie den Bedürfnissen aller Menschen gerecht werden. Dafür bedarf es vor allem des Zusammenwirkens aller relevanten Akteure und Institutionen, und zwar ämter- und und fachübergreifend. Auch die Betroffenen selbst gilt es einzubinden. Diese Zusammenarbeit zu organisieren und zu koordinieren, ist zentrale Aufgabe der Kommune. 

DKBM kann strategische Netzwerk- und Koordinationsarbeit leisten

In der Stadt Erfurt hat das kommunale Bildungsmanagement diese Koordinations- und Vernetzungsfunktion übernommen. Als ehemalige "Lernen vor Ort"-Kommune hat Erfurt bereits im Jahr 2009 mit dem Aufbau von DKBM-Strukturen begonnen und ein Steuerungsgremium für Bildung gegründet. Dieses, vereint unterschiedliche bildungspolitische Akteure aus Verwaltung, Schulamt, Universität, Kammern, Agentur für Arbeit und Stiftungen und stimmt über die zentralen Bildungsthemen in Erfurt ab.

Integration durch Bildung wurde dort ebenfalls verortet und erhielt damit eine starke Rückendeckung. Innerhalb der Verwaltung hat sich eine ämterübergreifende Zusammenarbeit von Bildungsmanagement und Sozialplanung durchgesetzt. So werden im Sozialstrukturatlas Erfurts regelmäßig Daten über die Lebensbedingungen zugewanderter Menschen erhoben, welche für das Bildungsmanagement eine wichtige Argumentationsgrundlage gegenüber politischen Entscheidungsträgern darstellen.

DKBM kann konkrete Maßnahmen und Projekte unterstützen

Mit Unterstützung des Steuerungsgremiums wurde in Erfurt die Veranstaltungsreihe „Integration von Zugewanderten durch Bildung und Beratung“ ins Leben gerufen. Verschiedene Akteure aus Erfurter Institutionen konnten im Rahmen der Fachtage ihr Wissen rund um das Thema Integration erweitern und sich fachlich austauschen. Dabei standen verschiedene Bereiche, wie z. B. die Integration in Ausbildung und Beschäftigung, die frühkindliche Bildung für Zugewanderte und die Integration durch Angebote im non-formalen Bildungsbereich im Zentrum.

Das Bildungsmanagement wirkt aktiv bei relevanten, verwaltungsexternen Netzwerken für Integration mit oder beteiligt sich an der Umsetzung von Projekten, wie z. B. dem Mentoring-Projekt „Connecting Women“. Hier werden Frauen mit unterschiedlichen Berufs- und Bildungsbiografien zu Mentorinnen ausgebildet. Anschließend begleiten und unterstützen diese Mentorinnen zugewanderte Frauen auf ihrem Weg in den Beruf oder in die Selbstständigkeit. Das Bildungsmanagement koordinierte das Zusammenwirken verschiedener Akteure aus Verwaltung und Politik, externen Bildungs- und Beratungseinrichtungen, Agentur für Arbeit und Kammern. 

Geflüchtete aus der Ukraine – Aktuelle Zahlen und Herausforderungen in den Kommunen

Im zweiten Teil der Veranstaltung gab Franciska Mahl (TransMit) in ihrem Impulsvortrag einen Überblick über aktuelle Zahlen und Herausforderungen in den Kommunen im Zusammenhang mit der Fluchtbewegung aus der Ukraine. So berichtete sie, dass seit Ende Februar dieses Jahres rund eine Million Geflüchtete aus der Ukraine in Deutschland registriert wurden.

Parallel dazu steigt aber auch die Zahl der Schutzsuchenden aus anderen Ländern. Aufgrund dieser hohen Geflüchtetenzahlen seien in vielen Kommunen die Kapazitätsgrenzen bei der Unterbringung bereits erreicht. Und auch im Bildungsbereich gibt es Engpässe. Franciska Mahl beleuchtete die Herausforderungen in den Bereichen der frühkindlichen Bildung, dem Schulbereich und der Integration in Ausbildung/Arbeit.

Erst die Grundversorgung, dann die Integration in Bildung und Arbeit

Die Diskussion der Teilnehmenden zur Fluchtbewegung aus der Ukraine machte deutlich, dass die aktuellen Probleme in den Kommunen derzeit vor allem bei der organisatorischen Bewältigung der Erstversorgung liegen. So geht es vielerorts vor allem um die Koordination der Wohnraumsuche, die Begleitung bei Ämterangelegenheiten und die medizinische Erstversorgung. Manche Kommunen haben ihre Aufnahmequote übererfüllt und nehmen keine neuen Geflüchteten mehr auf.

Erst in zweiter Linie geht es um die Integration in Bildungsinstitutionen. Die Herausforderungen in den Kommunen sind dabei sehr unterschiedlich. Teilweise gibt es nicht genügend Kita-Plätze, so dass in manchen Kommunen zunächst die Kapazitäten auch im Personalbereich ausgebaut werden müssen. Zudem müssen Kommunen kontinuierlich ausreichende Schulplätze für geflüchtete Kinder und Jugendliche schaffen, wobei auch Fragen der Mobilität der Schülerinnen und Schüler ins Zentrum rücken.

Erst wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann die Integration in Bildung angegangen werden. Auch der Rückhalt in der Gesellschaft sollte dabei als Fundament für eine gelingende Integration, nicht aus dem Blick geraten. Ein Schlüssel könnte die Entwicklung einer übergreifenden und ganzheitlichen Strategie für Integration innerhalb der Stadt oder des Landkreises sein – unter Beteiligung der Öffentlichkeit. Einen solchen Prozess, bei dem Integration als Querschnittsthema betrachtet wird, kann ein kommunales Bildungsmanagement anstoßen und begleiten. 

Kontakt

Ulrike Richter, Veranstaltungen

Tel.: 0345-68178 21 E-Mail: urichter@dji.de

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Das Förderprogramm „Kommunale Koordinierung der Bildungsangebote für Neuzugewanderte“ zielte auf ein verbessertes Management im Themenfeld „Integration durch Bildung“. Die BMBF-Abschlussbroschüre enthält Praxisbeispiele aus ganz Deutschland.

Ansätze in Mitteldeutschland

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