Online-Fortbildung

Bildung als kommunale Aufgabe –
von der Pflicht zur Kür

Aus der Perspektive des DKBM schauten wir auf kommunale Pflichtaufgaben: Wo können Datengrundlagen verbessert und die rechtskreisübergreifende Zusammenarbeit gestärkt werden? Welche Gelingensfaktoren sind zu beachten? Der Veranstaltungsrückblick fasst die Impulse von TransMit, die Praxisbeispiele aus mitteldeutschen Kommunen und zentrale Diskussionsergebnisse zusammen.

Als untere Gesundheitsbehörden führen Gesundheitsämter die jährlichen Schuleingangsuntersuchungen durch. Die Daten bilden eine wichtige Grundlage für die Gesundheitsberichterstattung.

Diese Fortbildung wollte Zweierlei: In bildungsbezogene Pflichtaufgaben einführen und herausarbeiten, welche Rahmenbedingungen eine gute Zusammenarbeit von DKBM und Fachämtern fördern.

Kommunale Bildungsaufgaben – was ist Pflicht, was Kür?

Diese Frage beantwortete Dr. Cornelia Leser, Kommunalberaterin der TransMit, gleich zu Beginn. Sie gab den Teilnehmenden einen Überblick, wie Bildungsaufgaben systematisiert sind, was freiwillige und pflichtige Aufgabenfelder unterscheidet und welche Konsequenzen sich daraus für das Verwaltungshandeln und für verwaltungsinterne Kooperationen ergeben können.

Als wichtige Bezugspunkte für das DKBM wurden pflichtige Selbstverwaltungsaufgaben identifiziert, die aus der örtlichen Trägerschaft der öffentlichen Jugendhilfe, der Sozialhilfe und aus der Schulträgerschaft resultieren. Bei den Pflichtaufgaben nach Weisung, etwa der Durchsetzung der Schulpflicht oder Auftragsangelegenheiten wie der Gesundheitsvorsorge, sind die Gestaltungsspielräume der Kommune hingegen minimal. Unterste Polizeibehörden, Ordnungsämter oder untere Gesundheitsbehörden für eine Zusammenarbeit aufzuschließen, ist für das DKBM entsprechend schwer.

Zu beachten sind auch landesspezifische Ausprägungen. So ist zum Beispiel die Unterhaltung von Musikschulen in Sachsen – anders als in allen anderen Bundesländern – nicht freiwillige, sondern Pflichtaufgabe.

Was fördert den Schulterschluss zwischen DKBM und Pflichtaufgaben?

Mit einer Online-Befragung erhob TransMit dazu bereits 2019 Erfahrungswissen aus 14 mitteldeutschen Transferkommunen. Sarah Beierle fasste die zentralen Ergebnisse für die Teilnehmenden noch einmal zusammen: So kooperierte das Personal im Bildungsmanagement und -monitoring seinerzeit am häufigsten mit den Sozial-, Jugend- und Gesundheitsämtern. Als herausfordernd befanden die Befragten das enge Aufgabenverständnis verschiedener Bereiche und die Angst der Fachämter vor Mehrarbeit. Für das DKBM als freiwillige Aufgabe, welche in einer Projektstruktur umgesetzt wird, erschien es schwer, Augenhöhe mit den Pflichtaufgabenbereichen herzustellen.

TransMit-Mitarbeiterin Beierle präsentierte darüber hinaus eine Übersicht von Gelingensfaktoren für die Zusammenarbeit auf Verwaltungsebene. Diese waren im November 2019 im Rahmen einer TransMit-Fortbildung zur Integrierten Sozialplanung zusammengetragen worden.

Wie kann's laufen? 

Drei wesentliche Aspekte – Bildungsthemen strategisch platzieren, DKBM strukturell in der Verwaltung verankern und Daten(Austausch) – griffen die Bildungsmanagerinnen aus drei Bundesländern in ihren Impulsen auf.

Verbindlichkeit und Verfahrensklarheit

Cornelia Klöter, Leiterin des Sachgebiets Bildungsmanagement der Stadt Leipzig, zeigte, wie Bildungsthemen in der Kommune strategisch platziert und verfolgt werden können. Dafür warf sie einen Blick auf das Handlungsfeld „Sicherung von Schul- und Bildungserfolg“. Hier arbeitet das Leipziger Bildungsmanagement mit der Schulpflichtüberwachung, dem Gesundheitsamt, dem Ordnungsamt, dem Amt für Jugend und Familie, dem Landesamt für Schule und Bildung sowie mit Schulen zusammen.

Als Orientierungsrahmen dienen die 2013 verabschiedeten ‚Bildungspolitischen Leitlinien’. Die essentielle Planungs- und Handlungsgrundlage bilden auch die Daten des Bildungsmonitorings. Verbindlichkeit und Verfahrensklarheit erhält die rechtskreisübergreifende Zusammenarbeit unter anderem durch eine Kooperationsvereinbarung mit dem staatlichen Schulamt, durch Ratsbeschlüsse oder durch eine Handreichung für Schulen, die die Abläufe bei Schulabstinenz erklärt.

Wichtig in der Zusammenarbeit mit den Pflichtaufgabenbereichen sei es – so die Erfahrung in Leipzig – Zuständigkeiten zu respektieren und über die Identifikation gemeinsamer Interessen eine Motivation zur Zusammenarbeit zu wecken.

„Eine gute Kooperationskultur lebt nicht von komplexen Konzepten, sondern muss mühsam erarbeitet werden. Vertrauen ist wichtig. Mehrwert ist wichtig.“

[Christiane Maurer, Planungskoordinatorin für Integrierte Sozialplanung im Landkreis Sömmerda]

Zusammenarbeit von Kreis und kreisangehöriger Kommune

Mit einem Impuls zur Gesundheitsbildung in Braunsbedra eröffnete Juliana Alferi, Bildungsmanagerin im Saalekreis, die zweite Austauschrunde. Diese richtete den Blick vor allem auf Aspekte der strukturellen Verankerung in der Verwaltung. Wie eine Stabsstelle, angebunden beim Bürgermeister der Bildungsstadt Braunsbedra, ist Alferi wichtiges Bindeglied zwischen verschiedenen Einrichtungen der kreisangehörigen Kommune und vielen, vor allem ehrenamtlich Engagierten vor Ort. Eine Steuerungsgruppe hilft, engen Kontakt zur Kreisebene zu halten.

Auffällige Befunde in Schuleingangsuntersuchungen veranlassten die Stadt Braunsbedra, die gesundheitliche Bildung in Kitas und Schule in den Blick zu nehmen. Den Auftrag dafür erteilte der Landkreis. Die Steuerungsgruppe konzipierte ein großes Gesundheitsprojekt und warb dafür erfolgreich Drittmittel ein. Die Projektumsetzung bis 2024 erfolgt „bottom up“, unterstützt durch kleine Arbeitsgruppen, in denen sich Fachkräfte und Bürgerinnen und Bürger engagieren. Von den daraus resultierenden Bildungsangeboten profitieren sowohl Kinder und deren Familien als auch das pädagogische Personal in Kitas und Schule.

Für die Zukunft plädiert Alferi unter anderem dafür, vom Kreis erhobene Sozial- und Gesundheitsdaten auch den Akteuren vor Ort zurück zu spiegeln und diagnostische Mittel und Indikatoren transparent zu machen. So könnten die Einrichtungen gezielter auf Entwicklungen reagieren und Befunde besser einordnen.   

Servicestelle Daten

Die dritte Austauschrunde mit der Überschrift „Daten(austausch)“ leitete Dr. Katharina Kratky mit einem Impuls zur Zusammenarbeit von DKBM und Schulverwaltung ein. Dr. Kratky ist seit 2019 für das Bildungsmanagement und -monitoring im Landkreis Sömmerda verantwortlich. Angebunden in die Stabsstelle „Integrierte Sozialplanung“ schafft sie eine Schnittstelle zu verschiedenen Fachämtern. Davon profitieren alle Seiten. So hat sich das Bildungsmonitoring mittlerweile als verwaltungsinterne Serviceanlaufstelle für Daten etabliert.

Besonders intensiv ist die Zusammenarbeit mit der Schulnetzplanung: In Gegenüberstellung prognostizierter und tatsächlicher Schülerzahlentwicklungen analysierte das Bildungsmonitoring Prognoseschärfen und leitete daraus Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Schulnetzplanung ab.

Eine im Mai 2021 gegründete AG Bildungsmonitoring trägt dazu bei, Kooperationsstrukturen zu erweitern, eine Bildungsdatenbank zu erarbeiten und das Datenmanagement insgesamt zu professionalisieren. Der AG gehören neben Dr. Kratky auch Mitarbeitende der Schulverwaltung, der Jugendhilfeplanung und des Jobcenters an. Gesundheits- und Sozialamt sollen später folgen.

Was diskutierten die Teilnehmenden?

In Austauschrunden wurden einzelne Aspekte in weiteren Unterarbeitsgruppen vertieft.

In politischen Beschlussfassungen sahen die Teilnehmenden eine Möglichkeit, Bildungsthemen strategisch zu platzieren. So werden Ratsbeschlüsse regelmäßig als Arbeitsinstrument und Legitimationsgrundlage eingesetzt. Eine Garantie auf Umsetzung ergibt sich daraus aber nicht: Manchmal wird der politische Wille durch aktuelle Entwicklungen überholt, manchmal bremst auch die Verwaltung die Umsetzung aus.  Erster Schritt – so die Empfehlung eines Teilnehmers – sollte also immer die verwaltungsinterne Abstimmung des Auftrags sein. Neue strategische Perspektiven und Fragestellungen sollten stets anknüpfen an den vorhandenen Möglichkeiten und Ressourcen, an bestehenden Planungen oder bereits vorliegenden Ergebnissen.

Um Kommunalpolitik zu überzeugen, reichen Daten allein oft nicht aus. Ein Teilnehmer riet, Daten mit konkreten Handlungsempfehlungen zu verknüpfen. Hierzu wurden unterschiedliche Wege diskutiert. Oftmals erweisen sich finanzielle Aspekte als Knackpunkt. Größtmögliche Akzeptanz wird nach Ansicht der Teilnehmenden erzielt, wenn Handlungsempfehlungen und Maßnahmepläne in Abstimmung mit den umsetzenden Bildungsakteuren entwickelt werden. Als Beteiligungsformate haben sich zum Beispiel Bildungskonferenzen oder kleinere Veranstaltungsreihen bewährt.

Im Hinblick auf den Austausch von Daten berieten sich die Teilnehmenden darüber, wie mit datenschutzrechtlichen Vorbehalten und unterschiedlichen Datenformaten umgegangen und die Validität der Daten sichergestellt werden kann. Eigentlich – so der Wunsch Vieler– sollte die verwaltungsinterne Datenweitergabe der Normalfall sein. Eine zentrale Datenbank, die einen einheitlichen Zugriff auf Daten gewährleistet, wäre dafür ideal.

Auch ging es darum, wie das Bildungsmonitoring zusätzlich Daten gewinnen kann. Manchmal – so ein kollegialer Tipp – sei es möglich, bildungsbezogene Themen an andere Erhebungen, wie beispielsweise Einwohnerbefragungen, anzuhängen und damit den eigenen Aufwand zu minimieren.

Der Nutzen einer systematischen Gesundheitsberichterstattung wurde ebenfalls herausgestellt. Zu selten würden jedoch erhobene Daten an die betreffenden kreisangehörigen Kommunen und deren Einrichtungen zurückgespiegelt. Auch sprächen sich manche Gemeinden gegen eine kommunalspezifische Aufschlüsselung von Gesundheitsdaten aus. Zeigen Regionen verstärkte Auffälligkeiten – so eine Teilnehmerin – spiegelt sich dies auch in den Sozialausgaben-Statistiken wider.

Alles geklärt?

Nach fünf Stunden geballten Wissens- und Erfahrungsaustauschs waren viele, aber längst nicht alle Fragen beantwortet. Mit einer Fortbildung zur Integrierten Sozialplanung geht der Diskurs voraussichtlich im Oktober in eine weitere Runde.

Kontakt

Ulrike Richter, Veranstaltungen

Tel.: 0345-68178 21 E-Mail: urichter@dji.de