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Demokratiebildung/Politische Bildung
als kommunales Handlungsfeld

Was kann Demokratiebildung vor Ort leisten und wie lässt sich politische Bildung durch die Kommunalverwaltung fördern? Diesen Fragen sind wir in unserer Veranstaltung nachgegangenen. Dabei sind nicht nur Netzwerke bedeutsam, sondern ebenso konkrete Beteiligungsmöglichkeiten. Diskutiert wurden Strategien, wie Kinder und Jugendliche zu politischem Engagement motiviert werden können.

Demokratie braucht Bildung

Demokratisches Handeln und ein politisches Bewusstsein muss von Generation zu Generation neu erlernt und ausgebildet werden.

Globale Entwicklungen und Krisen, etwa die Klimakrise, der demografische Wandel, der zunehmende Populismus oder der Krieg in der Ukraine, erzeugen Handlungsdruck auf der kommunalen Ebene. Die politische Bildung versucht, auf diese Problemlagen zu antworten. Dabei, das verdeutlicht Sara Schmidt von der Bundeszentrale für politische Bildung in ihrem Vortrag, können demokratiestärkende Maßnahmen bei der Bewältigung von lokalen Konflikten helfen. Gerade bei sensiblen und polarisierenden Themen kann politische Bildung einen angemessenen Diskurs in der Gemeinde unterstützen.

Doch was ist politische Bildung überhaupt? Darunter werden geplante, kontinuierliche und zielgerichtete Bildungsangebote verstanden, die von anerkannten Einrichtungen organisiert werden. Sie haben zum Ziel, Jugendliche und Erwachsene zur Teilnahme am politischen und gesellschaftlichen Leben zu befähigen.

Was können Kommunen tun, um Jugendliche und Erwachsene auf die Teilnahme am politischen Leben vorzubereiten? Erfolgsversprechend sind Strategien, bei denen Menschen mit unterschiedlichen Meinungen ins Gespräch gebracht werden. Dazu braucht es Räume, in denen konstruktiv gestritten und Meinungen über politische Fragen ausgetauscht werden können.

Der Nutzen von kommunalen Netzwerke

Um die demokratische (Streit-)Kultur zu stärken, können kommunale Netzwerke aufgebaut werden, in denen unterschiedliche Akteure miteinander kommunizieren. Auf diese Weise kann die Einbindung von Multiplikatorinnen und Multiplikatoren aus verschiedenen Bereichen (z.B. Verwaltung, Politik, Soziale Arbeit, Kinder- und Jugendhilfe, Schule, Kultur und Sport) zur Verankerung der politischen Bildung in der kommunalen Bildungslandschaft beitragen.

Damit die Arbeit innerhalb solcher Netzwerke gelingt, müssen verschiedene Faktoren erfüllt sein:

  • Erfolgreiche Netzwerkarbeit sollte verschiedene Personen, Gruppen, Institutionen und Perspektiven integrieren.
  • In der Kommunikation ist Sensibilität wichtig. So wird verhindert, dass sich einzelne Gruppen ausgegrenzt fühlen.  
  • Idealerweise wird eine Kerngruppe gebildet, die die inhaltliche Arbeit vorbereitet und die Aktivitäten des Netzwerkes kontinuierlich vorantreibt.
  • Tragfähige und innovative Lösungen können nur gefunden werden, wenn die Unruhe akzeptiert wird, die durch unterschiedliche Meinungen und politische Positionen entsteht.
  • Es bedarf der Offenheit der Verwaltung gegenüber dem Netzwerk und den darin verhandelten Themen.

Ein vielversprechender Ansatz der Demokratiebildung sind neue Formate der Bürgerbeteiligung. Sie können dabei helfen, die demokratische Kultur vor Ort zu stärken. Damit dies gelingt, braucht es bestimmte Qualitätsstandards.

Dazu zählt Sara Schmidt, dass die kommunalen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger zum Dialog bereit sind und dass die notwendigen materiellen und finanziellen Ressourcen bereitgestellt werden, um Beteiligungsprozesse zu organisieren und durchzuführen. Zudem sollte allen beteiligten Personen der Anlass, die Gründe und die Ziele des Verfahrens klar sein.

„Die Anknüpfung an lokale Strukturen ist ein zentrales Erfolgskriterium von politischer Bildung.“

[Sara Schmidt, Bundeszentrale für politische Bildung]

Demokratiebildung braucht Zeit und Vertrauen

„Neue Initiativen der Demokratiebildung können nur dann gelingen, wenn sie an vorhandenen Strukturen anknüpfen und etablierte Akteure einbezogen werden.“ Dieser Aussage einer Teilnehmerin in der anschließenden Diskussionsrunde stimmt auch Sara Schmidt zu. „Die Anknüpfung an lokale Strukturen ist ein zentrales Erfolgskriterium von politischer Bildung“, betont sie.

Bei der Initiierung von Bildungsprozessen in Kooperation mit Vereinen vor Ort, z.B. Feuerwehrvereinen oder Karnevalsvereinen, muss jedoch berücksichtigt werden, dass diese keine Bildungsvereine sind, sondern andere Zwecke verfolgen. Möglichkeiten und Grenzen der Einbindung müssen daher immer wieder neu ausgehandelt und an die regionalen Gegebenheiten angepasst werden.

Mitunter stehen regionale Akteure den Demokratieprogrammen auch ablehnend gegenüber. Die negative Wahrnehmung kann unterschiedliche Gründe haben; beispielsweise die Angst vor Konflikten, die entstehen können, wenn kontroverse Themen angesprochen werden. Hier hilft Vertrauen, um solche Ängste abzubauen. Dieses aufzubauen, braucht mehr als ein Projekt.

Kinder und Jugendliche für politisches Engagement motivieren

In der anschließenden Arbeitsphase besprachen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, wie die Bürgerinnen und Bürger und weitere relevante Akteure im Feld Demokratiebildung/Politische Bildung einbezogen werden können. Die Bandbreite der relevanten Akteure reicht von zivilgesellschaftlichen Vereinen und Initiativen bis hin zu etablierten Institutionen wie Volkshochschulen. Da die Akteure unter verschiedenen Rahmenbedingungen arbeiten, braucht es zunächst eine Verständigung, was möglich und nötig ist.

Eine besondere Herausforderung stellt die Einbindung von Kindern und Jugendlichen dar. Welche Anreize können gesetzt werden, um Kinder und Jugendliche für politisches Engagement zu motivieren? Hier wurden zwei Aspekte diskutiert: Information und Akquise.

So wünschen sich Jugendliche aktuelle Informationen über das politische Geschehen in ihrer Region. Sie werden jedoch mit ‚klassischen‘ Angeboten, beispielsweise der Lokalzeitung, nicht erreicht. Für diese Zielgruppe brauche es angepasste Strategien. Angeregt wurde u.a. die Nutzung von Sozialen Medien. Deren Einsatz müsse in vielen Kommunen jedoch besonders intensiv beworben und begründet werden. Denn viele Verwaltungen stehen dem Einsatz von Sozialen Medien eher zögerlich gegenüber.

Wichtig sei es auch, verschiedene Multiplikatorinnen und Multiplikatoren zu gewinnen, die für das Thema werben. Neben den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern können auch Schulsozialarbeiterinnen und -sozialarbeiter eine tragende Rolle beim Kontakt zu Jugendlichen spielen. Eine weitere Möglichkeit, mit Kindern und Jugendlichen in Kontakt zu treten sei die Durchführung einer U18-Wahl vor einer Land- oder Bundestagswahl. Denn – so fasst es eine Teilnehmerin treffend zusammen – die beste Demokratiebildung ist die, die erlebt werden kann.

Kontakt

Ulrike Richter, Veranstaltungen

Tel.: 0345-68178 21 E-Mail: urichter@dji.de

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