Impuls aus der Wissenschaft

Kooperationen in der Bildung –
Herausforderungen für Akteure der Verwaltung und Politik

Prof. Dr. Jonathan Everts von der MLU Halle-Wittenberg eröffnete seinen Vortrag aus einer praktikentheoretischen Perspektive heraus und stellte das Bildungsmanagement als Praktik vor. In einem zweiten Teil zeigte Nora Kaiser, Doktorandin an der MLU, aus dem Verbundprojekt NeOBi gewonnene Erkenntnisse aus der Forschungspraxis. Sie verwies dabei auf Herausforderungen sowie Handlungsspielräume des Bildungsmanagements und erforderliche Strategien.

Kooperationen in der Bildung

Referent/Referentin: Prof. Dr. Jonathan Everts, Nora Kaiser

Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg / 16.06.2022

Download verfügbar.
Herunterladen (pdf)

„Bildungsmanagement ist eine Praktik, die sich mit Praktiken der Bildung beschäftigt, diese versucht zu verstehen, zu katalogisieren, zu orchestrieren, zu unterstützen und zu intervenieren“, so Professor Dr. Jonathan Everts zu Beginn seines Vortrages. Praktiken seien dabei alles, was Menschen tun und sagen, gingen aber über Einzelhandlungen hinaus. Faktisch spielt ein Musiker einzelne Noten auf seinem Instrument. Erst wenn er diese mit einem Sinn aneinanderreiht, wird es eine Praktik  – in diesem Fall „ein bestimmtes Stück spielen“.

Um im Bilde der Musik zu bleiben, ist die Aufgabe des Bildungsmanagements die Orchestrierung der Bildungsaktivitäten vor Ort. Man könnte sagen, die Rolle des Bildungsmanagements ist die des Dirigents, der alle Instrumentengruppen, die Einsätze und die Gesamtvision vom Stück im Blick hat und bei der Erarbeitung unterstützt. Nun hat der Dirigent im Vergleich zum Bildungsmanager den entscheidenden Vorteil, alle relevanten Akteure in seinem Konzertsaal versammelt zu wissen und steht zudem in einem hierarchisch übergeordneten Verhältnis zu diesen.

Diesen Ausgangspunkt, um gut dirigieren zu können, muss sich das Bildungsmanagement erst erarbeiten. Die Tätigkeiten (Praktiken), die dazu und darüber hinaus nötig sind, sind laut Everts folgende:

  • wichtige Orte und Personen zu finden, um Wissen zu sammeln und zu bündeln (Transparenz), in einem zweiten Schritt
  • diese Personen und Organisationen zu aktivieren, an einem gemeinsamen Ziel mitzuwirken (Koordination). Desweiteren
  • Wissen über bestimmte Sachverhalte strukturiert zu sammeln und aufzubereiten (Bildungsmonitoring) und dieses Wissen
  • schließlich nach innen in die Verwaltung, nach außen zu anderen Akteuren und nach oben in Richtung Politik zu vertreten sowie die eigenen Aktivitäten zu reflektieren und anzupassen (Steuerung).

Aus der Forschungspraxis präsentierte Nora Kaiser erste Zwischenergebnisse und führte aus: „dass trotz der unterschiedlichen räumlichen und strukturellen Bedingungen in den Kommunen durchaus viele gemeinsame Herausforderungen und ähnliche Bildungsmanagementpraktiken bestehen.“ So zeigt sich flächendeckend eine große Abhängigkeit und Unsicherheit bezüglich der Förderung von Bildungsmaßnahmen und -programmen. Insbesondere weil die in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegenen Anforderungen an die Kommunen als Bildungsakteur nicht mit einer entsprechenden finanziellen Ausstattung einhergehen.

Überdies entsprechen Planungsräume nicht den konkreten Zuständigkeiten der einzelnen Abteilungen in den Kommunen. Auch verweist Kaiser auf einseitige Kooperationen und unterschiedliche Zuständigkeiten bei der Umsetzung von Aufgaben im Bildungsbereich sowie eingeschränkte Handlungsspielräume im Bildungsmanagement. Werden Bildungsthemen platziert, bewegen sich diese immer im Spannungsverhältnis von Verwaltung und Politik und deren Ko-Abhängigkeit.

In der Diskussion bestätigen die Teilnehmenden diese ersten Erkenntnisse aus der Wissenschaft. Die Förderlogik von Programmen erschwere die Bindung qualifizierten Personals. Diese bewerben sich mitunter nicht auf befristete Stellen und das Ende einer Förderung bedeute oft den Verlust des Personals. Es sei zwar wünschenswert, dass der Bund viel anschiebe, am Ende sei es ein Problem, dass die Vorhaben aufgrund fehlender Finanzen nicht weitergeführt werden können. Zudem binde die Antragstellung und das Controlling der Förderprogramme viele Ressourcen.

Darüber hinaus ist in dem Impuls als auch in der Diskussion die Bedeutung von Kommunikation für erfolgreiche Kooperationen in der Bildung deutlich geworden. Mit dem Bildungsmanagement gibt es eine konkrete Stelle, die den Austausch zwischen den Kommunen, in der Kommune selbst und unter den Akteuren der Bildungspolitik, -verwaltung und -praxis fördert, um Wissen zu bündeln und strategisch einsetzen zu können, so Kaiser.

Fazit

Der wissenschaftliche Impuls zeigte die Perspektive der Anthropogeografie auf das Bildungsmanagement in Kommunen auf.  Prof. Jonathan Everts skizzierte die „Praktiken“, die von einem Bildungsmanagement geleistet werden. Nora Kaiser berichtete über erste Erkenntnisse aus dem Teilprojekt 4 von NeOBi, indem es maßgeblich um die Herausforderungen und Strategien des kommunalen Bildungsmanagements und der Bildungspolitik ging.

Es wurde auch deutlich, dass ohne Menschen, die diese „Praktiken“ tun, eine lebendige Bildungslandschaft nicht möglich sein wird. Das Bild eines „Orchesters“, verfing bei vielen Teilnehmenden: Wenn der Dirigent oder einige Instrumente fehlen bzw. schief spielen, kommt auch keine wohlklingende Sinfonie dabei heraus. Im Orchester wie in dem Zusammenwirken der zahlreichen Akteure in einer Bildungslandschaft gilt letztendlich die alte Binsenweisheit: „Übung macht den Meister.“

Mehr zum Thema

Forum 1

Das Forum 1 warf einen Blick auf erfolgreiches Bildungsmonitoring: Wie kann ein Bildungsmonitoring gut strukturiert sein, im Hinblick auf verschiedene Zielgruppen und knappe Ressourcen? Und was braucht es konkret, damit aus Daten schließlich Taten werden?

Forum 2

Wie lassen sich Bildungs- und Betreuungsbarrieren für benachteiligte Kinder im Grundschulalter abbauen? Im Forum 2 gab es einen ersten Einblick in das Kooperationsprojekt NeOBI. Zentral auch hier die Frage: Wie kommt man gemeinsam zu guten Ergebnissen?

Forum 3

Die Bildungsstadt Braunsbedra ist die einzige Kommune in Sachsen-Anhalt, die Bildungsmanagement und -monitoring in der Gemeindeverwaltung etabliert hat. Sie steht damit Modell für Mitteldeutschland und im Zentrum des Interesses in Forum 3.