Im Interview: Bildungskonferenzen veranstalten

Zu Gast im Landkreis Elbe-Elster in Herzberg, im südlichen Brandenburg, sprach Ulrike Richter mit Sebastian Hilbert. 2009 ist er über das Bundesprogramm "Lernen vor Ort" in die Kreisverwaltung gekommen. Seitdem organisiert er als Mitarbeiter gemeinschaftlich mit dem Team des Bildungsbüros die jährlich stattfindende Bildungskonferenz.

Welcher Impuls schafft(e) den Start für die erste Bildungskonferenz?

Die Situation im Jahr 2004 war schwierig. Sehr viele Jugendlichen fanden keine Ausbildungsplätze in der Region und sind weggegangen. Sie kannten die Möglichkeiten, die es hier vor Ort in den Betrieben gibt, überhaupt nicht. Deshalb hat die erste Bildungskonferenz das Thema "Schule und Wirtschaft" ins Zentrum gerückt. Es ging einerseits darum, der Wirtschaft nahezubringen, welche Potentiale die Jugendlichen vor Ort mitbringen. Auf der anderen Seite wollten wir den Schülerinnen und Schülern Perspektiven in ihrer Heimat aufzeigen.

Seit 2004 hat das Bildungsbüro insgesamt 13 Bildungskonferenzen organisiert. Was hat sich im Laufe der Jahre verändert?

Unser Fokus hat sich auf das Lebenslange Lernen in seiner Gesamtheit ausgeweitet. Deshalb beziehen wir heute ein breiteres Themenfeld und mehr Akteure mit ein. Diese kommen beispielweise aus den Bereichen Kita, Schule, der Senioren-Akademie, dem Weiterbildungsbereich und der Volkshochschule. Den Schwerpunkt Übergänge verfolgen wir bis heute weiter; von der KiTa in die Grundschule, von der Schule in den Beruf bis hin zum Übergang in das Rentenalter.

Wie läuft eine Bildungskonferenz im Landkreis Elbe-Elster ab?

Die Konferenz beginnt 10 Uhr. Wir hören die Grußworte des Landrats und den Vertreterinnen und Vertretern des Bildungsministeriums aus Brandenburg. Manchmal haben wir noch ein drittes Grußwort. Es sprachen z.B. der Chef der Sparkasse oder ein Vertreter der Stiftung "Haus der kleinen Forscher". Wir schauen immer, dass wir auch Akteure außerhalb der Verwaltung dazuholen. Meist steigen wir dann fachlich ein. Nach einem Fachvortrag ist Zeit für Diskussionen eingebaut. Anschließend kommt die Mittagspause, die wir mit einer Stunde ansetzen. Hier gibt es Raum, um miteinander ins Gespräch zu kommen, denn die Konferenz hat immer auch Netzwerkcharakter. Danach folgen Workshops und Foren, je nach Methode.

Thematisch beschäftigen wir uns am Nachmittag weiterhin mit dem Gedanken des Lebenslangen Lernens. Ich nehme mal das Beispiel Beteiligungskultur. Wir entwickeln dann zunächst konkrete Fragen dazu: Wie können Kinder an Bildungsprozessen beteiligt werden? Wie werden die Eltern einbezogen? Wie kann Seniorenbeteiligung gesichert werden? Mit den Fragen gehen ganz viele verschiedene Themenfächer auf, die wir versuchen anzureißen.

Danach gibt es eine Kaffeepause, in der die Akteure noch einmal miteinander ins Gespräch kommen. Neben ausführlichen inhaltlichen Inputs holen wir uns zu jeder Konferenz inspirierende Kulturbeiträge. Sie bieten einen Ankerpunkt, an den sich die Akteure dann immer wieder erinnern und sagen: „Mensch, bei der neunten Bildungskonferenz da war doch der Geschichtenerzähler.“ Bei der elften Bildungskonferenz trat ein Improvisationstheater auf. Daran erinnern sich die Leute und das lockert so eine Konferenz unheimlich auf und macht den Kopf auch noch einmal frei für kreative Ideen in der Workshop-Phase.

Wer ist Zielgruppe einer Bildungskonferenz?

Wir laden alle Bildungsakteure ein, auch die Schülerinnen und Schüler. Aber vorrangig sprechen wir die Netzwerke an; die Multiplikatoren, Fachkräfte aus KiTa und "Frühen Hilfen", die Eltern-Kind-Gruppen organisieren, das Netzwerk "Gesunde Kinder" aber auch Lehrkräfte, die aktiv in der Berufsorientierung und am Übergang tätig sind. Angesprochen sind auch Vertreterinnen und Vertreter aus der Wirtschaft, dem Ehrenamt aus Vereinen, Mehrgenerationenhäuser, der Jugendsozialarbeit und viele andere mehr. Bei den ersten Konferenzen haben wir 60 bis 70 Leuten begonnen, mittlerweile sind wir bei ca. 150 Teilnehmenden angekommen.

Wie läuft die Vorbereitung für eine solche Bildungskonferenz ab?

Zuerst suchen wir mit dem Landrat einen Termin. Unsere Konferenz ist immer im Oktober oder November des nächsten Jahres. Sie ist gekoppelt an eine Ausbildungsmesse. Die Konferenz ist an einem Donnerstag und die Messe am Samstag. Wir stimmen den Termin dafür mit den relevanten Akteuren ab. Danach suchen wir den Konferenztitel. Wir überlegen, welches Thema schwingt gerade im Bildungsbereich bzw. im bildungspolitischen Raum. Dazu beobachten wir, was über das laufende Jahr in der Verwaltung und außerhalb passiert. Wir hören zu. Wir gehen zum Beispiel auf den Integrationsbeauftragten oder die Gleichstellungsbeauftragte zu und fragen nach ihren Themen. Im Team beraten wir dann über die Vorschläge und suchen nach Formulierungen, bei denen wir das Gefühl haben: Mensch, das könnte jetzt beispielsweise ein Konferenztitel sein, der die Akteure anspricht.

Anschließend wird das in der Verwaltungsleitung mit dem Landrat besprochen und beschlossen. Dann suchen wir nach passenden Referentinnen und Referenten sowie einer Tagungsmoderation. Anschließend überlegen wir uns eine Methode für die Gestaltung der Konferenz. Parallel kümmern wir uns um die Verpflegung und einen geeigneten Tagungsort entsprechend dem Konferenzformat.

Die Konferenzen finden vorrangig in Schulen statt. Das ist eine kostengünstige Variante. Wir sind aber auch schon aus der Schule herausgegangen. Bei der Suche nach dem Ort fragen wir, ob wir viele kleine Räume für Workshops brauchen oder, ob die Konferenz eher ein Fachthema bearbeitet, wo alle Teilnehmenden in einem Raum bleiben können.

In welchem Zusammenhang stehen Lenkungsgruppe und Bildungskonferenz und wer ist Mitglied in der Lenkungsgruppe?

Seit 2013 trifft sich unsere Lenkungsgruppe vor der Bildungskonferenz. In dem Treffen werden von den verantwortlichen Akteuren die entsprechenden Beschlüsse gefasst. Die Ergebnisse, also die Aufträge aus der Lenkungsrunde, werden im Anschluss auf der Bildungskonferenz vorgestellt. Das ist ein Extrapunkt auf der Tagesordnung.

Außerdem hat die Bildungskonferenz auch immer die Funktion, Prozesse oder Themen anzustoßen – wie zum Beispiel die Öffnung der kommunalen Bildungseinrichtungen für Neuzugewanderte. Im Gremium und anschließend auf der Konferenz wird also entschieden, welche die aktuellen Themen des kommunalen Bildungsmanagements sind und wie diese umgesetzt werden können.

In der Lenkungsgruppe sitzen der Landrat sowie der Bildungsdezernent der Kreisverwaltung. Dazu kommen Vertreterinnen und Vertreter des Brandenburger Bildungsministeriums, des Staatlichen Schulamtes und der Kammer. Darüber hinaus nehmen die mit Bildungsfragen befassten Fachleute aus der Verwaltung teil. Außerdem sind die Agentur für Arbeit und ein Vertreter oder eine Vertreterin der kreisangehörigen Kommunen anwesend. Wir, das Bildungsbüro, sind punktuell dabei, wenn wir Fachthemen in die Runde einbringen.

Welche Themen werden die zukünftigen Bildungskonferenzen im Landkreis Elbe-Elster haben?

Die Konferenz 2017 steht unter dem Titel "Bildung in Elbe-Elster – Anspruch und Wirklichkeit". An Qualität und Nachhaltigkeit wollen wir da gemeinsam mit unseren externen Partnern und den Akteuren aus der Bildungslandschaft arbeiten. Für 2018 werden wir die kulturelle Bildung in den Fokus rücken. Da gibt es das Kulturamt und hier in der Region die Plattform "Kulturelle Bildung" als Partner, die wir einbeziehen werden.

Hier können Sie das vollständige Interview "Bildungskonferenzen veranstalten" als Video ansehen.

Kontakt

Ulrike Richter, Stellv. Leitung

Tel.: 0345-6817821 E-Mail: urichter@dji.de