Bildungsstadt Braunsbedra – Bildungsmanagement in und für die Gemeinde

Die Bildungsstadt Braunsbedra ist eine vom Bergbau geprägte Gemeinde am Geiseltalsee. Bürgermeister Steffen Schmitz setzt auf eine enge Zusammenarbeit mit Bildungsakteuren und Einwohnern. Mit dem Stadtratsbeschluss zur Entwicklung der Bildungsstadt und Einstellung der Bildungsmanagerin erhielt das Leitbild „Traditionen haben Viele – wir haben Zukunft“ einen großen Schub. Was ist seitdem passiert? Darüber sprachen wir mit Steffen Schmitz, Bürgermeister von Braunsbedra und Juliana Alferi, Bildungskoordinatorin der Bildungsstadt.

„Man kann nicht nur koordinieren.“

Juliana Alferi ist Bildungskoordinatorin der Bildungsstadt Braunsbedra und packt als Pädagogin auch selbst mit an.

Frau Alferi, Ihre Programmstelle über „Bildung integriert“ im Saalekreis ist zum Februar 2022 ausgelaufen. Bürgermeister Steffen Schmitz warb für einen direkten Anschluss in der Gemeinde Braunsbedra für die Aufgaben Koordination der Bildungsstadt, Fachberatung Kita und Jugendarbeit. Somit wurde Ihre Stelle und damit auch alle Aufgaben in die Gemeinde geholt. Wie haben Sie das geschafft?

Juliana Alferi: Bildung ist den Menschen in Braunsbedra schon lange vor mir ein wichtiges Anliegen gewesen. Es gab das Bildungsleitbild, eine AG Bildung, einen Stadtratsbeschluss zur Entwicklung einer Bildungslandschaft, viele engagierte Menschen und viele kleinere Projekte.

Ich habe mir dann die Aufgabe des Übergangs Kita-Grundschule vorgenommen. Es gab bereits eine Arbeitsgruppe Kita-Grundschule, bestehend aus engagierten Eltern, Pädagoginnen und Pädagogen und Mitarbeitenden der Kommunalverwaltung. Im Laufe von zwei Jahren entstanden Kooperationsvereinbarungen zwischen den Einrichtungen, von Schule und Kita gemeinsam genutzte Entwicklungsbögen der Kinder und der Schulkindpass.

Auch die „Netzwerkkarte Sport und Freizeitangebote für Kinder in Braunsbedra“ haben wir entwickelt. Der nächste Schritt war für uns die Gründung des Fachzirkels Kita-Grundschule, in dem die für den Übergang verantwortlichen Pädagoginnen aus Kita und Grundschule sowie die fachlichen Referentinnen für Grundschule und Kita aus den übergeordneten Verwaltungsebenen mitwirken. Hier arbeiten wir gemeinsam an pädagogisch-fachlichen Aspekten, um Kita und Grundschulbildung anschlussfähig zu gestalten. Dabei tauschen wir uns über die Bedürfnisse der Kinder aus und entwickeln praktische pädagogische Maßnahmen.

Aus der Steuerungsgruppe heraus entstand die Idee für einen Bildungsreport am Übergang Kita-Grundschule. Dazu befragte ich im Herbst 2020 alle Kita-Leitungen, die Bezugserzieherinnen und -erzieher in den Vorschulgruppen, die Grundschulleitungen. Diese Ergebnisse führte ich mit den Schuleingangsuntersuchungen zusammen. Der Bildungsreport hat die Diskussion in den Gremien und Ausschüssen aufgrund der fundierten Daten vertieft.

Die Zusammenhänge zwischen Bildungs- und Gesundheitsdaten machten deutlich, dass insbesondere in den Bereichen der motorischen Fähigkeiten und der Schulfähigkeit noch einiges zu tun ist. In den Mini-AGs entstanden Projektideen, die wir umgesetzt haben. So ist der Bewegungskalender entstanden, die Maxikids in Roßbach und Arbeitsmaterial zu gesunder Ernährung. Darüber hinaus haben wir eine Erzieherin zur Ernährungsberaterin qualifiziert, die nun als Multiplikatorin in die Kitas geht. Aktuell planen wir ein Kita-Sportfest im September.

Es sind neben den – zumeist unsichtbaren - Koordinierungsaufgaben und der Datenberichtsarbeit eben auch sehr viele konkrete Projekte entstanden, die bei den Menschen ankommen und sichtbar sind. Das ist auch sehr wichtig, dass die Leute wissen, wozu ich da bin, was ich mache und was dabei rauskommt.

Herr Schmitz, in Mitteldeutschland sind sie die einzige Gemeinde mit einer eigenen Bildungskoordinatorin. Im Burgenlandkreis versucht man nun, ähnliche Stellen einzurichten. Was hat das Bildungsmanagement für Ihre Gemeinde gebracht?

Steffen Schmitz: Das Thema Bildung ist insgesamt in der Stadt viel präsenter geworden. Ich höre nun in Gesprächen, dass unsere Vision „Traditionen haben Viele, wir haben Zukunft“ und die damit verbundene Idee bei unseren Bürgerinnen und Bürgern angekommen ist. Dank der Arbeit von Frau Alferi konnten wir diese Vision konkretisieren, mit Maßnahmen unterfüttern und gleichzeitig professionalisieren. Fachlich brachte sie viele Impulse und Ideen mit. Es gab auch auf einmal eine Ansprechperson, auf die man mit seinen eigenen Ideen zugehen konnte. Daraus sind viele kleinere Aktionen und Projekte entstanden, die von der Bevölkerung selbst kamen. Ich selbst hätte das neben den zahlreichen anderen Aufgaben eines Bürgermeisters auch zeitlich nicht stemmen können.

Was hat Ihre Arbeit so erfolgreich gemacht?

Steffen Schmitz: Was sich als wichtig und richtig herausgestellt hat, war, dass die Stelle direkt in der Gemeinde angesiedelt ist. Wäre Frau Alferi direkt in der Kreisverwaltung verortet gewesen, wäre es vielleicht zu weit weg von den Menschen vor Ort gewesen. Man lernt sich ja dann doch noch mal anders kennen, wenn man hier mal zum Bäcker geht und auch persönlich ansprechbar ist.

Juliana Alferi: Das kann ich nur bestätigen. Für mich war auch wichtig, dass ich direkten Kontakt zu Herrn Schmitz hatte. Ich war ja direkt bei ihm in der Stabsstelle und durch regelmäßige Besprechungen konnten wir uns immer schnell und unkompliziert abstimmen. Wir haben uns zunächst einem ganz konkreten Thema, dem Übergang Kita-Grundschule, angenommen und sind dort in die Tiefe gegangen mit dem Ziel, dass auch wirklich etwas bei den Kindern ankommt. Weitere Aufgaben hätte ich in diesem Umfang nicht bewältigen können.

Was ist das Besondere an der Arbeit in einer Gemeinde?

Juliana Alferi: Es ist sehr wichtig, nah an den Akteuren der Praxis und den Menschen dran zu sein. Da kann man auch nicht immer nur „koordinieren“, man muss auch mal selbst mit anpacken. Das fiel mir leicht, weil ich selbst Pädagogin im frühkindlichen Bereich bin und lange selbst eine Kita geleitet habe. Ich weiß, was die Knackpunkte sind.

Man kann auch nicht einfach mit seinen Vorstellungen kommen und sagen, das machen wir jetzt. Man muss zuhören und schauen, wo man selbst unterstützen kann. Im ländlichen Raum und in kleinen Gemeinden sind wir viel eher auf freiwillige Kooperationen angewiesen, es ist immer ein Geben und Nehmen. Ich glaube, als Koordinatorin muss man das gut können: zuhören, Menschen miteinander ins Gespräch bringen und immer auch ein Stück weit „Dienstleister“ sein.

Was geht Ihnen durch den Kopf im Hinblick auf die nächsten sieben Jahre Bildungsstadt? Wie geht es weiter?

Steffen Schmitz: Wir wollen natürlich die erfolgreiche Arbeit im Bereich Kita-Grundschule weiterführen und weiter ausbauen. Deswegen haben wir ja auch die Koordinationsstelle geschaffen. Wir wollen aber auch andere Bevölkerungsgruppen in den Blick nehmen. Wir denken da in Richtung Kinder und Jugendarbeit. Im Moment versuchen wir, einen Jugendtreff gemeinsam mit Jugendlichen auf die Beine zu stellen. Außerdem arbeiten wir gerade mit dem Christlichen Verein Junger Menschen (CVJM) daran, ab August eine Krabbelgruppe zu starten.

Und auch in Richtung Berufsorientierung soll es gehen: Wir wollen Schülerinnen und Schüler mit regionalen Unternehmen in Kontakt bringen. Vor allem wollen wir freiwillig Engagierte bei allen Vorhaben noch mehr einbinden und stärken. Wir brauchen das Wissen und das Engagement von Vielen, damit wir unsere Stadt gemeinsam gestalten, Perspektiven schaffen und gut miteinander leben können.

 

Kontakt

Das Interview führte Nora Herrmann, Kommunalberatung Sachsen-Anhalt.

Tel.: 0341-99392313 E-Mail: nherrmann@dji.de

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